DIVE Niederösterreich – Der Digitale Produktpass

Der digitale Produktpass (DPP) ist ein Schlüsselelement der europäischen Kreislaufwirtschaftsstrategie. Er initiiert den Aufbau einer digitale Basisinfrastruktur für Kreislaufführung. Künftig werden zahlreiche Produkte mit eindeutig identifizierbaren Markern versehen werden, mit denen spezifische Informationen entlang der Wertschöpfungskette, zum Beispiel zu Reparierbarkeit oder CO2-Fußabdruck, ausgelesen werden können. Dies soll die Kreislauffähigkeit von Produkten vorantreiben, Kund:innen bei ihrer Kaufentscheidung besser informieren und insgesamt mehr Transparenz entlang der Wertschöpfungskette schaffen.

Im Rahmen der Mittelstandsinitiative DIVE „Digitale Industrie Verständlich Erklärt“ werden regelmäßig in ganz Österreich regionale Veranstaltungen zu ausgewählten Digitalisierungsthemen angeboten, bei denen Austausch und Diskussion mit Expert:innen aus Wissenschaft und Industrie im Vordergrund stehen. Neben thematischen Einblicken, wird ein Überblick über Förderungen, Trainings und praxisorientierte Angebote u.Ä. in Österreich vermittelt. Der Auftakt der DIVE-Eventreihe 2024 fand am 15. April in Niederösterreich an der FH St. Pölten statt und beleuchtete den digitalen Produktpass. Das Event wurde in Kooperation mit der Wirtschaftskammer Niederösterreich (Sparte Industrie) und der Industriellenvereinigung Niederösterreich organisiert und durch AI5-Production unterstützt.  

ÜBERBLICK & STATUS QUO ZUM DIGITALEN PRODUKTPASS (DPP)

Dr. Verena Halmschlager startete mit einem Überblick über die Grundlagen des DPP und beleuchtete die Frage „Was ist der DPP?“ aus unterschiedlichen Perspektiven:  Aus technischer Perspektive handelt es sich beim DPP um einen strukturierten Datensatz Produkt- bzw. materialbezogener Daten. Diese werden über den gesamten Lebenszyklus digital gespeichert und sind durch einen einfachen Zugriff (z.B. durch QR-Codes) auslesbar („Lebenslauf eines Produktes“).  Regulatorische Grundlage des DPP bildet die Ökodesign Verordnung (Kapitel 3) der EU (u.a. Interoperabilität, Geltung für alle Import- und Export-Produkte, Verantwortung beim Inverkehrbringer eines Produktes). Diese wiederum ist im Kreislaufwirtschaftsaktionsplan des Kreislaufwirtschaft-Paktes unter dem EU Green Deal verankert. Sektor- bzw. Produkt-Spezifikationen für die bereitzustellenden Daten (u.a. Recyclingfähigkeit, Nachhaltigkeit, Werterhalt etc.). werden in Form von delegierten Rechtsakten erarbeitet. Durch die Schaffung von Voraussetzungen für den Austausch produktbezogener Informationen gilt der DPP als „Enabler für die Kreislaufwirtschaft“ und hat zum Ziel Produktkreisläufe, Effizienzsteigerungen, nachhaltige Verbraucherentscheidungen sowie die Überprüfung von Verpflichtungen durch Behörden zu ermöglichen.

DPP: CHANCEN & HERAUSFORDERUNEGN FÜR KMU – TECHNISCHE, ORGANISATIONALE & RECHTLICHE PERSPEKTIVE

Prof. Tassilo Pellegrini schloss inhaltlich mit einer weiteren Einordnung des DPPs und seiner Implikationen an. Der DPP kann als Instrument an der Schnittstelle von Dekarbonisierung und Vermeidung on Überproduktion gesehen werden.  Er lässt sich als eine Brücke zwischen der EU Data Strategy und dem EU Green Deal einordnen und verbindet das Ziel einer „saubereren Produktion“ mit Corporate Governance (u. Reporting-) Vorgaben. Zu den Herausforderungen in Bezug auf die Einführung des DPP zählt u.a. die Etablierung von soliden technischen Standards für das Teilen von Produktinformationen, die Vielfalt der Stakeholder in einer Kreislaufwirtschaft sowie Produkt-Komplexitäten entlang der Wertschöpfungskette. Darüber hinaus gibt die Studie „DPP4ALL“ u.a. Einblicke in die  Unternehmens- und Kundenperspektive auf den DPP: Mögliche Chancen werden z.B. in Bezug auf neue Geschäftsmodelle, die Evaluation der Wertschöpfungskette, und die Feststellbarkeit der Nachhaltigkeit von Produkten gesehen. Unsicherheiten bestehen u.a. in Zusammenhang mit rechtlichen Implikationen wie z.B. Geheimhaltung, IPR, Garantie, und GDPR. Unabhängig von der Demografie ist die Relevanz des DPP bei den Kund:innen eng verknüpft mit Einstellungen und Lebensstil. Insgesamt Zeichnen sich Kund:innen durch eine hohe Bereitschaft zur Weitergabe ihrer Daten unter Wahrung ihrer Privatsphäre aus. Nützliche Empfehlungen für KMU in Vorbereitung auf den DPP runden seinen Vortrag ab.

  • Know your data!
  • Überprüfen Sie Methoden & Metriken!
  • Von Interoperabilität profitieren!
  • Organisationale Komplexität meistern!

EINBLICK IN DIE PRAXIS – VORBEREITUNG & ERSTE SCHRTTE RICHTUNG UMSETZUNG

Ing. Karl Sagmeister beschrieb die Relevanz des DPP aus unternehmerischer Perspektive und gibt wertvolle Tipps in Bezug auf Vorbereitung und Umsetzung. Über die Einhaltung der Compliance Vorgaben hinaus, ist der DPP aus strategischer Perspektive zu betrachten. Geschäftsmodelle (Kosten- und Qualitätsführerschaft) können auf unterschiedliche Weise von den Implikationen der Ausrollung eines digitalen Produktpasses profitieren bzw. erst ermöglicht werden. Eine Bestandsaufnahme in Bezug auf Daten & Infrastruktur ist hilfreich, um davon ausgehend erste konkrete Ziele zu setzen, welche zu der Strategie beitragen. Es lohnt sich zu Beginn Verantwortlichkeiten im Unternehmen zu bestimmen und bei der Aufstellung eines Projektteams (je nach Unternehmensgröße) die Einbindung unterschiedlichen Berieche (z.B. Nachhaltigkeit, Produktion und Compliance) sicherzustellen. Nicht zu vernachlässigen sind bereits bestehende Angebote und Hilfestellungen bei der Einführung des DPP. So kann beispielsweise in Zusammenarbeit mit FHs und Universitäten wertvolle Expertise gewonnen werden, um interne Wissenslücken effizient zu schließen und projektbezogene Kostenexplosion vermeiden.

Eine mögliche Vorgangsweise:

  • Klären Sie die Erwartungen (eigene und die der Kunden) an zirkuläre Ziele.
  • Legen Sie eine Grundlinie fest und setzen Sie sich Ziele (Welche Daten habe ich?).
  • Holen Sie Ihr Team mit ins Boot.
  • Implementieren Sie Governance und Richtlinien.
  • Binden Sie die richtigen Partner ein – machen sie es nicht alleine!

BERATUNGSANGEBOTE UND FÖRDERUNGEN IN NIEDERÖSTERREICH:

Thomas Strodl stellte die Beratungsangebote der TIP digital (Technologie- und InnovationsPartner) der WKNÖ vor. Diese umfassen u.a. Informationen zu den Förderprogrammen der WKÖ, Veranstaltungen sowie zu aktuellen Themenfeldern (Cybersicherheit, Immersive Technologien, Kreislaufwirtschaft). Die Plattform Industrie 4.0 bot einen Überblick über aktuelle, praxisrelevante Förderprogramme und Angebote in ganz Österreich im Bereich Industrie 4.0 und Kreislaufwirtschaft. Neben Förderprogrammen der FFG, aws sowie der Wirtschaftskammer und Bundesländer-spezifischen Angeboten, sind über ganz Österreich verteilte (European) Digital Innovation Hubs, COMET-Zentren und Pilotfabriken wichtige Anlaufstellen. Details finden Sie auf der DIVE-Website.

PRÄSENTATIONEN ZUM DOWNLOAD:

NÜTZLICHE INFORMATIONEN ZUM DPP:

Zum Mitmachen:

  • DPP Check-Ins: Regelmäßiger Austausch von Informationen → Kostenlose Anmeldung HIER oder bei: verena.halmschlager@plattformindustrie40.at
  • ASI Komitee zum DPP: Mitarbeit im Technischen Komitee der ASI → Kontakt: Jörg Nachbaur.
  • Delegated Acts: Die Konsultation der Stakeholder wird voraussichtlich mehrere Möglichkeiten bieten, sich einzubringen. Updates dazu wird es in den regelmäßigen Check-Ins geben.

Weitere nützliche Links finden Sie in den Präsentationen.

Ansprechpersonen:

Plattform Industrie 4.0

WKNÖ

Schneider Electric:

FH St. Pölten: