Die Plattform Industrie 4.0 informiert ab nun regelmäßig im „DPP Check-In“ zu Neuigkeiten zum Digitalen Produktpass (DPP). In diesen Check-Ins fassen wir konkrete Updates zu den unterschiedlichsten Aspekten des Digitalen Produktpasses zusammen (zum Beispiel Aktivitäten in der EC, Standards, Projekte & Initiativen), und schaffen einen Raum für Diskussion, Austausch, und Fragen. Im dritten Check-In am 18.04.2024 wurde die adaptierte Timeline des DPP gezeigt, über relevante DPP Akteure zur Miteinbeziehung der Stakeholder diskutiert, über Updates im CIRPASS-Projekt berichtet, und in einem Vortrag von Viola Gallina (Fraunhofer Austria) Forschungsaktivitäten zum DPP hervorgehoben. Dieser Beitrag bietet eine Zusammenfassung der besprochenen Punkte, sowie die Beantwortung der wichtigsten Fragen aus dem Check-In. Um alle Updates und Einladungen zu den DPP Check-Ins zu bekommen, melden Sie sich bitte hier an oder per E-Mail bei Verena Halmschlager.
UPDATES & AKTUELLER STAND DPP & ESPR
Ein Überblick über den DPP wird in Kurzform im DPP Fact Sheet (Stand 05/24), umfangreicher im Dokument „Digitaler Produktpass – Status Quo“ (Stand 12/23), oder im ersten DPP Check-In gegeben. Hier finden Sie außerdem die Übersichtsseite der Plattform Industrie 4.0 zum DPP, und hier alle Präsentation des Events „Digital Product Passport – Framework, Use-Cases und Challenges”, das im November 2023 in Wien stattgefunden hat. An dieser Stelle folgen daher nur Updates seit dem letzten Check-In, beziehungsweise eine kurze Zusammenfassung des aktuellen Stands – für vertiefende Informationen verweisen wir auf die genannten Dokumente.
Am 05.12.2023 erzielte die Europäische Kommission eine vorläufige Einigung über die Ökodesign-Verordnung (weitere Details finden Sie hier). Der überarbeitete Verordnungsvorschlag wurde am 23.04.2024 angenommen, die deutsche Version der Verordnung können Sie hier herunterladen. Ein Arbeitsplans für den Zeitraum 2025-2028 sollte in den nächsten Monaten folgen. Ab 2026 sollen produktspezifische Verordnungen folgen, die in den Delegierten Rechtsakten erarbeitet werden. Nach Verabschiedung ist (außer in Ausnahmefällen) mit einer Übergangsfrist von 18 Monaten zu rechnen.
Nach aktuellem Stand gelten Eisen und Stahl, Aluminium, Textilien, insbesondere Bekleidung und Schuhwerk, Möbel, einschließlich Matratzen, Reifen, Waschmittel, Anstrichmittel, Schmierstoffe, Chemikalien, energieverbrauchsrelevante Produkte, IKT-Produkte und sonstige Elektronikgeräte als prioritäre Produkte.
Textilien sowie Eisen und Stahl sollen aus momentaner Sicht als erste Produktgruppen in den Delegierten Rechtsakten behandelt werden und der DPP bereits im Laufe des Jahres 2027 in Kraft treten. Batterien (ab 2027) und Bauprodukte (ab 2028) werden in eigenen Verordnungen geregelt, siehe letzter Punkt des Beitrags. Die Europäische Kommission plant die Liste der prioritären Produkte für die Delegierten Rechtsakte regelmäßig zu aktualisieren. Mehr Informationen zum Zeitplan gibt es unter anderem in der CIRPASS Veröffentlichung „Cross-sector and sector-specific DPP roadmaps“.
Im neuen Entwurf der Ökodesignverordnung (Artikel V) werden die im folgenden gelisteten Ökodesign Kriterien genannt. Welche Kriterien in welchen Produktgruppen verpflichtet sein werden, wird in den Delegierten Rechtsakten bestimmt.
- Funktionsbeständigkeit,
- Zuverlässigkeit,
- Wiederverwendbarkeit,
- Nachrüstbarkeit,
- Reparierbarkeit,
- die Möglichkeit der Wartung und Instandsetzung,
- das Vorhandensein besorgniserregender Stoffe,
- Energieverbrauch und Energieeffizienz,
- Wassernutzung und Wassereffizienz,
- Ressourcennutzung und Ressourceneffizienz,
- Rezyklatanteil,
- die Möglichkeit der Wiederaufarbeitung,
- Recyclingfähigkeit,
- die Möglichkeit der Verwertung von Materialien,
- Umweltauswirkungen, einschließlich des CO2-Fußabdrucks und des Umweltfußabdrucks,
- Menge des voraussichtlich entstehenden Abfalls
Die aktuelle Timeline des DPP ist in folgender Abbildung zu sehen:
Konsultation der Stakeholder – Delegierte Rechtsakte
Aktuell gibt es in Österreich noch keine Möglichkeit zur Mitgestaltung der Delegierten Rechtsakte durch Stakeholder. Allerdings gibt es unterschiedliche Akteure, die sich bereits mit dem Thema beschäftigen bzw. eine relevante Rolle spielen werden/können. Dazu gehören: Das Bundesministerium für Klimaschutz (BMK), das die Ökodesignverordnung in Österreich bearbeitet, Interessensvertretungen und Co. (wie z.B. WKÖ, Fachverbände, Bundesarbeitskammer, Plattform Industrie 4.0, Cluster, Vereine, und viele mehr) die das Thema treiben und ggf. auch die Möglichkeit zu Feedback zu den Delegierten Rechtsakten geben werden, die Standardisierung (siehe Check-In #2), sowie nationale und internationale (Leuchtturm)Projekte zum DPP wie zB. CIRPASS, CIRPASS-2, das österreichische Leuchtturmprojekt zum DPP das 2025 starten soll, die allesamt Informationen zum DPP bereitstellen und ggf. auch Feedback von Stakeholder einholen werden. Wir geben Updates in den kommenden Check-Ins, sobald es mehr Informationen dazu gibt.
UPDATE CIRPASS
Auf der Homepage von CIRPASS, der Coordination and Support Action (CSA) der Europäischen Kommission zum DPP, sind eine Vielzahl an Informationen zum DPP verfügbar. Außerdem fand am 5. März das ganztägig Abschlussevent von CIPRASS statt, mit einer Vielzahl an Präsentation zum DPP statt. Die Veranstaltung gliederte sich in die drei Teile WHY? WHAT? HOW?, außerdem gab es während des gesamten Events die Möglichkeiten Fragen zu stellen. Die Q&A Zusammenfassung sowie alle Slides der Präsentationen des Events sind hier verfügbar.
Weiters gibt es die Möglichkeit, zu den vorbereitenden Studien (Preparatory Studies) zu Textilien sowie Eisen & Stahl der Europäischen Kommission als Stakeholder mitzuwirken. Die Homepage für Eisen & Stahl ist hier zu finden, das erste Stakeholder Meeting ist für 24. Juni 2024 geplant. Die Homepage für Textilien kann hier gefunden werden.
Im 3. Check-In wurden außerdem folgenden neuen CIRPASS Dokument kurz zusammengefasst, alle Veröffentlichungen zu CIRPASS gibt es hier.
Cross-sector and sector-specific DPP roadmaps
Dieser neue CIRPASS-Bericht enthält sowohl eine sektorübergreifende Roadmap für das DPP-System als auch sektorspezifische Roadmaps für Batterien, Elektronik und Textilien. Außerdem wird ein grober adaptierter Zeitplan für die kommenden Jahre gezeigt.
DPP User Stories
Das Dokument DPP User Stories umfasst einen Einblick in die Prozesse und Funktionalitäten des DPP-Systems. Es beschreibt einen Schritt-für-Schritt-Prozess für die Art und Weise, wie die Stakeholder der Wertschöpfungskette DPP-Daten ausgeben, speichern, darauf zugreifen, austauschen und ändern. Dabei werden folgende User Stories beschrieben:
- Issuing a DPP for a new product
- Reading a DPP
- Writing to a DPP
- Accessing archived DPP data
- Transferring the responsibility for a product
- Deactivating a DPP
DPP System Architecture
Die in diesem Bericht vorgeschlagene Architektur stellt ein Netzwerk von Diensten dar, die miteinander interagieren können, die DPP-bezogenen regulatorischen Ziele (ESPR und Batterieverordnung) erfüllen und die Flexibilität und Möglichkeiten für kommerzielle Unternehmen maximieren. Es werden zwei Architekturen vorgestellt. Wichtig jedoch ist das dieses Dokument keinen Anspruch auf Vollständigkeit stellt. Das vorgeschlagene System nutzt Web-Technologie und ermöglicht trotz diverser Implementierungsmöglichkeiten eine Interoperabilität durch HTTP- oder DID-basierte Protokolle, wobei das Dokument auf detaillierte Implementationsdetails verzichtet. Die Validierung der Architektur erfolgt über die zuvor beschriebenen User-Stories.
Exploring possible Digital Product Passport (DPP) use cases in battery, electronics and textile value chains
Dieser Bericht konzentriert Sie sich auf die potenziellen Hindernisse und Vorteile, die sich aus dem Zugang zu Daten der Kreislaufwirtschaft ergeben, die in einem DPP enthalten sind. Folglich könnten mehrere User Stories potenziell mit einem einzigen DPP-Use Case verknüpft werden. Es werden sechs Use Cases beschrieben, jeweils zwei aus den Sektoren Batterien, Elektronik und Textilien.
Weitere CIRPASS Publikationen
- Brief Summary of the Battery Regulation
- Benchmark of existing DPP-oriented reference architectures
- The Digital Product Passport as defined in the Proposal for Eco-design for Sustainable Product Regulation (ESPR)
- Mapping of legal and voluntary requirements and screening of emerging DPP-related pilots
- A study on DPP costs and benefits for SMEs
- Report on Identification Schemes
DPP ongoing Research Activities
Viola Gallina von Fraunhofer Austria gab in ihrer Präsentation einen Überblick über den DPP sowie aktuelle Forschungsaktivitäten. Alle Folien des Beitrags können Sie hier herunterladen. Zusätzlich folgt eine kurze Zusammenfassung der besprochenen Inhalte:
In der Präsentation wurden zunächst die wichtigsten Informationen zum DPP anhand der Fragen WHY?, WHAT?, HOW? zusammengefasst. Anschließend wurden anhand von Studien drei wesentliche Herausforderungen bezüglich des DPP beleuchtet: Daten, IT und KMUs. Die Digitalisierung und Verfügbarkeit digital strukturierter Daten sind in der Industrie noch nicht flächendeckend vorhanden, insbesondere in kleineren Unternehmen ist der Digitalisierungsgrad gering. In Deutschland erreichen beispielsweise nur etwa 30% der Unternehmen ein ausreichendes Digitalisierungsniveau, um Daten effizient verwalten zu können. Zudem sind viele Unternehmen nicht bereit, ihre Daten zu teilen. Hinsichtlich der IT-Infrastruktur für den DPP bestehen weitere Herausforderungen, da die Standardisierung noch nicht abgeschlossen ist und unklar ist, wie das IT-System für den DPP konkret aussehen soll. Ebenso fehlen in bisherigen Betrachtungen die KMUs, die ebenfalls von den neuen Regularien betroffen sein werden und vor großen Herausforderungen stehen (mehr dazu zB. im Dokument „Status Quo“). Des Weiteren wurden drei Forschungsprojekte vorgestellt: Ein internes Forschungsprojekt, das zeigt, dass der DPP die Effizienz eines Disassembly-Prozesses signifikant steigern kann; das Projekt „NEW3“, das sich mit Value Stream Mapping befasst; sowie das Projekt „CHAMPI4.0NS“, bei dem der unternehmensübergreifende Datenaustausch im Vordergrund steht und ein semantisches Datensystem entwickelt wird.
NÜTZLICHE INFORMATIONEN:
- Digitaler Produktpass Status Quo: https://plattformindustrie40.at/blog/2023/11/29/der-digitale-produktpass/
- DPP Check-In #2: https://plattformindustrie40.at/blog/2024/03/05/digitaler-produktpass-check-in-2/
- DPP Check-In #1: https://plattformindustrie40.at/blog/2024/01/19/digitaler-produktpass-check-in-1/
- Einführung in den EU Digital Product Passport: https://www.wbcsd.org/contentwbc/download/15585/226483/1
- Studie DPP4all: https://www.bmk.gv.at/en/topics/innovation/publications/A-Digital-Product-Passport.html
- CIRPASS (Coordinated Support Action): https://cirpassproject.eu/
- Allgemeine Informationen zum DPP: Eine Übersichtsseite mit allen wichtigen Infos zum DPP bzw. gibt es ab nun hier, inklusive einem DPP Factsheet.
- Informationen zum Event der EC zur Ökodesign-Verordnung am 22.05.2024 und am 11.06.2024 zum Digitalen Produktpass: https://environment.ec.europa.eu/events/save-date-online-information-session-new-ecodesign-sustainable-products-regulation-espr-2024-05-22_en
Der nächste Check-In wird voraussichtlich am 27.05.2024 stattfinden. Für eine Aufnahme in den Verteiler bitte hier anmelden oder per E-Mail an Verena Halmschlager.
ANGESPROCHENE PROJEKTE, INITIATIVEN & Fragen:
- Laut Europäischer Bauproduktenverordnung soll der DPP für Bauprodukte ab 2028 eingeführt werden, näheres dazu hier oder hier. Außerdem gibt es eine Aufzeichnung eines Webinars zum DPP für Bauprodukte hier.
- Es wurde verkündet, dass am 11. Juni 2024 ein weiteres ganztägiges Event zum DPP der Europäischen Kommission geplant ist. Nähere Details dazu wurden leider noch nicht veröffentlicht.
- Die aktuell priorisierten Produktgruppen in der Ökodesignverordnung wurden anhand der Studie „Ecodesign for Sustainable Products Regulation – preliminary study on new product priorities“ ausgewählt.
- Für den Textilsektor gibt es bereits eine Vorstudie der Europäischen Kommission: „Digital Product Passport in the textile sector“
- Der DPP wird zukünftig eine zentrale Rolle in der Nachhaltigkeits-Berichterstattung spielen.