Gemeinsam stärker bei der Softwareentwicklung in der Industrie

Software kommt heute nicht nur im Produktionsprozess zum Einsatz. Auch während des Betriebs moderner Industrieanlagen gewinnen Software und die Anbindung von Maschinen an das Internet immer weiter an Relevanz – IT und OT interagieren zunehmend miteinander.

Produzierende Unternehmen beschäftigen sich daher vermehrt mit Informationstechnologie. Sie stellen Softwareentwickler und -entwicklerinnen ein, die eigene Programme und Applikationen schreiben. Software wird aber nicht immer von Grund auf neu programmiert, bei vielen Komponenten (z.B. bei Betriebssystemen) nutzt man bestehende Angebote. Dabei spielt Open Source Software (OSS), deren Einsatz innerhalb der Plattform Industrie 4.0 zuletzt vermehrt behandelt wurde, eine wichtige Rolle.

Wer sich mit OSS für den Maschinen- und Anlagenbau sowie im Bereich der Automatisierung beschäftigt, der kommt am Open Source Automation Development Lab (OSADL) nicht vorbei. Aus diesem Grund war „die Genossenschaft“ zentrales Thema der 22. Sitzung der ExpertInnengruppe Forschung, Entwicklung und Innovation der Plattform Industrie 4.0.

Grundprinzip Open Innovation

Um die Aktivitäten von OSADL in den passenden Kontext einzubetten ist es wichtig zu verstehen, wie Open Innovation funktioniert. Im Rahmen von Open Innovation beziehen Organisationen bei ihren Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten externe Personen mit ein. Bei Open Innovation wird die organisationsübergreifende Zusammenarbeit forciert. Dadurch werden zahlreiche Vorteile möglich, die auch zu Kosteneinsparungen führen können, z.B. bei der Standardisierung von Schnittstellen oder durch die Vermeidung paralleler Entwicklungsaktivitäten.

Natürlich ist Open Innovation nicht immer der geeignete Zugang. Ein Maschinenhersteller, der aufgrund des spezifischen Designs seiner Maschine über „differenzierendes Know-How“ im Bereich Design verfügt, wird sein Wissen in diesem Bereich nicht mit anderen Organisationen teilen wollen. Dennoch ist es sehr wahrscheinlich, dass auch dieser Maschinenhersteller sich mit Themen beschäftigt, bei denen einer Zusammenarbeit mit anderen nichts im Wege steht.

Bei OSADL spricht man in diesem Zusammenhang gerne von einer Differenzierungs-Pyramide (siehe Abbildung).

OSADL Differeinzierungs-Pyramide (Link zur Quelle)

Bei Themen, die unter der „Alleinstellungsgrenze“ liegen ist Open Innovation möglich. Was darüber liegt ist mit „differenzierendem Know-How“ verbunden, eine Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen ist daher weniger attraktiv. Bei jeder Organisation kann die Alleinstellungsgrenze unterschiedlich hoch oder tief liegen.

Für viele Unternehmen gelten die unteren Punkte der Differenzierungs-Pyramide als Basis-Technologien, einer Zusammenarbeit steht dabei nichts im Weg. Hier kommt OSADL ins Spiel.

OSADL-Aktivitäten

OSADL ist eine im deutschen Heidelberg ansässige Genossenschaft, die sich als Kompetenznetzwerk rund um OSS für die Industrie versteht. Die Mehrheit der Mitglieder der Genossenschaft kommt aus dem Bereich der industriellen Anwendung, z.B. aus dem Maschinen- und Anlagenbau oder der Elektro- und Elektronikindustrie. Die Mitglieder bringen sich bei OSADL ein, um die Entwicklung und die Zusammenarbeit an verschiedenen OSS-Basis-Technologien voranzutreiben.

OSADL entwickelt, beauftragt, koordiniert und testet Software im Auftrag seiner Mitglieder. Die Aktivitäten und Projekte der Organisationen sollen dabei individuelle oder kollektive Vorteile generieren. Hervorzuheben ist die wichtige Rolle, die OSADL bei der Ermöglichung der Echtzeitfähigkeit des Betriebssystems Linux spielt. So betreibt man z.B. eine „QA Farm“, mit deren Hilfe man die Performance Linux-basierter Geräte für den industriellen Einsatz messen und kontrollieren kann.

Außerdem bietet OSADL dem Open Innovation Prinzip folgend verschiedene Dienstleistungen an. Schulungen und Weiterbildungen gehören z.B. zum OSADL-Portfolio. Rund um OSS ist der korrekte Umgang mit Lizenzen ein wichtiges Thema, hier bietet OSADL z.B. verschiedene Checklisten und Beratungsleistungen an. Im Bereich der Wissenschaft unterstützt man z.B. Studierende bei der Verlegung von Diplomarbeiten mit OSS-Bezug.

Viele der OSADL-Aktivitäten stehen der Allgemeinheit zur Verfügung. Dies entspricht ganz dem Gedanken von Open Source: die reine Nutzung ohne weitere Verpflichtungen ist vollkommen in Ordnung. Nicht jede Nutzerin und jeder Nutzer müssen etwas beitragen.

Vorteile für die Industrie

Mitgliedsbetriebe können von OSADL auf sehr unterschiedliche Art profitieren. Neben der Klärung rechtlicher oder lizenztechnischer Fragen können z.B. Hardware-Hersteller Unterstützung bei der Treiberprogrammierung und -anpassung erhalten. Auch die themenspezifische Vernetzung von Software-Entwicklern innerhalb der Industrie wird als Vorteil gesehen.

Überproportional viele österreichische Unternehmen sind daher Mitglied bei OSADL. Darunter finden sich auch einige Mitglieder der Plattform Industrie 4.0.

Danke an Vortragende

Wir bedanken uns bei Carsten Emde, General Manager bei OSADL, für die Einblicke zu Open Innovation, zum Umgang mit OSS-Lizenzen und zu seiner Organisation.

Außerdem bedanken wir uns bei Bernd Süßmilch von Real-Time Systems, Olaf Boecker von Eaton Industries und Helmut Ennsbrunner von Fronius für die Vermittlung ihrer Perspektiven aus der industriellen Praxis.

Bei den Veranstaltungen der Plattform Industrie 4.0 bringen wir unterschiedliche Akteure zu spezifischen Themen zusammen und fördern so den Austausch und das Lernen in der österreichischen Industrie. Unsere verschiedenen Formate sind für alle Mitglieder der Plattform Industrie 4.0 zugänglich. Sollte Ihr Unternehmen Mitglied, Sie aber nicht auf unseren Verteilern sein, melden Sie sich gerne bei michael.fellner@plattformindustrie40.at.

Sollten Sie noch kein Mitglied sein, freuen wir uns ebenfalls über Ihre Kontaktaufnahme!

Fotomontage durch den Autor, aufbauend auf Fotos von Simon Kadula auf Unsplash und Larry Ewing (lewing@isc.tamu.edu).

Michael Fellner