DIVE: Erfahrungen aus den Diskussionen

Im 2. Quartal 2021 initiierte die Plattform Industrie 4.0 ein neues Programm, um insbesondere produzierende KMU zu erreichen. Unter dem Motto „Digitale Industrie Verständlich Erklärt“ (DIVE) wurden in einem ersten Schritt fünf virtuelle Workshops durchgeführt. Ziel war es, den TeilnehmerInnen den niederschwelligen Austausch mit FachexpertInnen aus Wirtschaft und Wissenschaft zu ermöglichen.

Inhaltlich stand bei den DIVE-Workshops das direkte Gespräch zwischen TeilnehmerInnen und ExpertInnen im Mittelpunkt – im Folgenden finden Sie eine Zusammenfassung einiger Highlights aus den ersten fünf Workshops (in chronologischer Reihenfolge).

Produktentwicklung

Bei der Entwicklung neuer Produkte ist die zentrale Frage für Unternehmen: Wo komme ich eigentlich her? Wo hat mein Produkt heute den größten Mehrwert für meine KundInnen? Bei dieser Frage kann man ansetzen und überlegen, wie das bestehende Geschäft mit Hilfe von Digitalisierung angereichert werden kann.

Wichtig bei Projekten ist es, Digitalisierungsprojekte nicht als reine IT-Projekte zu betrachten. Das betrifft sowohl die Budgetierung der Projekte als auch die involvierten MitarbeiterInnen – Domänen-ExpertInnen, z.B. aus der Fertigungstechnik, sollten von Anfang an eingebunden sein. Bei der Arbeit mit Unternehmensberatungen sollten BeraterInnen so unterstützen, dass MitarbeiterInnen in Zukunft selbst in der Lage sind, digitale Projekte umzusetzen.

In Unternehmen sollte es außerdem möglichst wenige Daten-Silos geben. Wenn Daten gemeinschaftlich behandelt werden können, dann hilft das, das Abteilungsdenken rund um Daten aufzulösen – dies kann ein erster Schritt in Richtung datengetriebener Produktentwicklung sein.

Retrofitting

Industrie 4.0-Projekte starten nur selten auf der grünen Wiese – häufig sind Produktionsanlagen und Maschinen bereits vorhanden. Unter Retrofitting versteht man die Modernisierung bestehender Anlagen.

Abhängig von der jeweiligen Branche und Anlage kann es große Unterschiede in der Komplexität von Projekten im Bereich Retrofitting geben. Im Allgemein ist Retrofitting einfacher bei wenig vernetzten Maschinen ohne Server-Anbindung. Retrofitting bezieht sich aber nicht nur auf „alte“ Maschinen, auch neue Maschinen können z.B. mit neuen Sensoren ausgestattet werden um (andere und weitere) Daten zu generieren.

Die Wirtschaftlichkeit von Retrofitting-Projekten ist häufig kein Problem, da eine Maschine mit ausgetauschter Elektronik oft noch weitere 20 Jahre halten kann. Jedes zusätzliche Jahr einer Maschine ist ein gewonnenes Jahr – Retrofitting kann sich daher auch rentieren, wenn die Nutzungsdauer einer Maschine nur um eine kurze Zeitspanne verlängert wird.

Überblick Industrie 4.0

Rund um Industrie 4.0 und Digitalisierung gibt es zahlreiche Aktivitäten, Initiativen, Förderungen etc. – wie verschafft man sich einen Überblick, wen kann man um Hilfe bitten und wo kann man anfangen?

Ein guter Start kann die Erhebung des digitalen Reifegrades im eigenen Unternehmen sein. Dafür gibt es verschiedene Modelle. So bietet z.B. der „Digital Check“ (Business Upper Austria, FH OÖ) eine umfassende Analyse des Unternehmens, der „Data Value Check“ (Know-Center) hilft dabei, Wert aus Daten zu generieren. Erhebungen wie diese können sehr sinnvoll sein, wenn noch nicht klar ist, was genau bzw. vor allem warum man digitalisieren möchte. Voraussetzung für eine solche Analyse ist der Wille, Details und Informationen zum eigenen Unternehmen auch einzubringen.

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Der „Data Value Check“ des Know-Centers kurz erklärt

Für kleine, flexible Unternehmen kann Industrie 4.0 sehr viel Nutzen stiften – diese müssen jedoch die häufig existierende Angst ablegen, Kernkompetenzen mit anderen auszutauschen und von anderen anzunehmen. Für Industrie 4.0 muss das Management eines Unternehmens an Board sein und es muss motivierte UmsetzerInnen unter den MitarbeiterInnen geben – wenn beides vorhanden ist, dann haben Projekte eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit.

Zukunftstechnologien

Der Begriff Zukunftstechnologien umfasst viele Themen: Von Künstlicher Intelligenz und Augmented Reality, die bereits auf vielen Technologien aufbauen, bis hin zur Messtechnik und Sensorik.

Wichtig ist herauszufinden, welche Technologien für das eigene Unternehmen überhaupt relevant sind – anschließend kann mit wenig Geld bereits ein erster Schritt gesetzt werden (z.B. Anschaffung neuer Sensorik, Aufbereitung von Informationen). Wichtig ist es, zuerst Dinge auszutesten, bevor man sich z.B. teure Lizenzpakete anschafft. Eine Kosten-/Nutzen-Rechnung schützt beim Umgang mit Zukunftstechnologien vor Enttäuschungen.

Viele Technologien befassen sich mit dem Thema Datenerfassung und -verarbeitung. Die Kernherausforderung für viele Unternehmen ist es daher, Prozesse für ein optimales Datenmanagement aufzusetzen. Dashboards zu erstellen kann daher ein erster und einfacher Schritt im Umgang mit Zukunftstechnologien sein – schon 2-3 Maschinen, die Daten in ein Dashboard liefern, können einen Mehrwert schaffen.

Budget/Finanzierung

Eine wichtige Rolle bei Projekten im Bereich Industrie 4.0 spielt das Thema Finanzierung. Häufig ist es notwendig, den Return on Investment (ROI) für ein Projekt darzustellen. Dies gestaltet sich aber nicht immer als einfach – wie kann z.B. der ROI eines ERP-Systems sinnvoll dargestellt werden?

Transformationsprozesse bei Unternehmen sind geprägt von einem hohen Initial-Aufwand: der Aufbau von Know-How oder die Anschaffung von Hardware kosten Geld. Es braucht daher die Überzeugung der Unternehmensführung für die Umsetzung von Industrie 4.0-Projekten. Dabei hilft auch die Orientierung an den Vorreitern in der eigenen Branche oder in ähnlichen Sektoren.

Dabei können Förderungen ein guter Anreiz sein, hier gibt es sowohl national (z.B. über aws oder FFG), als auch auf europäischer Ebene (z.B. über Cascade Funding) zahlreiche Möglichkeiten. Dabei gilt: Je frühzeitiger im Prozess (z.B. im Ideen-Status) eine Förderung angestrebt wird, desto besser. Auch Banken können bei Industrie 4.0-Projekten als Finanzierer fungieren. Wichtig ist hier, diesen das geplante Projekt und dessen potenziellen Mehrwert verständlich zu machen.


 

Wir bedanken uns an dieser Stelle noch einmal bei allen TeilnehmerInnen, ExpertInnen und bei unseren KooperationspartnerInnen.

Für die Plattform Industrie 4.0 ist es wichtig, die Konzepte und Technologien rund um Industrie 4.0 einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Die DIVE-Initiative wird daher 2021/2022 fortgesetzt. Durch die ersten fünf Workshops konnten viele wertvolle Erfahrungen bezüglich Format und Organisation gesammelt werden, welche in die Planung der nächsten Schritte mit einfließen.

Wenn Sie über nächste Schritte rund um DIVE informiert bleiben möchten oder wenn Sie Ihre Ideen einbringen möchten, dann kontaktieren Sie bitte michael.fellner@plattformindustrie40.at.

Foto von Belinda Fewings auf Unsplash

Michael Fellner