Plattform Industrie 4.0 Österreich: Wettbewerbsfähigkeit & Arbeitsplätze sichern, wenn alle an einem Strang ziehen

Graz, 10.12.2020 – Das heurige Jahr hat gezeigt, welche Chancen in der Digitalisierung liegen – nicht nur im Homeoffice, sondern auch in der Industrie. Projekte, die den Weg in die digitale Zukunft der Arbeit ebnen, standen deshalb im Fokus des fünften „Summit Industrie 4.0“, den die Plattform Industrie 4.0 Österreich in diesem Jahr zusammen mit der Steirischen Wirtschaftsförderung SFG und der BABEG Kärntner Betriebsansiedlungs- und Beteiligungsgesellschaft ausrichtet: Im Rahmen einer Pressekonferenz zeigte eine hochkarätige Runde neue Ansätze, um mittels Digitalisierung Impulse für die Arbeits- und Wirtschaftswelt zu setzen. Die gemeinsame Anstrengung aller – regionale und nationale Akteure, Wissenschaft und Industrie, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Politik und Verwaltung – gewährleistet, dass der Wandel erfolgreich ist. Die Plattform Industrie 4.0 hat sich deshalb bei der Gründung 2015 zum Ziel gesetzt, diese Akteure an einen Tisch zu bringen – in der Zwischenzeit zählt man bereits mehr als 60 Mitglieder.

Forschung und Zusammenarbeit fördern

„Grundvoraussetzung, um die Umbrüche durch die Digitalisierung für sämtliche gesellschaftliche Gruppen zum Erfolg zu führen, ist eine gemeinsame Stimme. Diese haben wir der produzierenden Industrie mit der Plattform Industrie 4.0 gegeben, die wir vor fünf Jahren mitgegründet haben. Ob eine Checkliste für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz oder Ressourcen- und Energieeffizienz – gemeinsame und praxisnahe Lösungsansätze für die Digitalisierung, die uns alle betrifft, und andere Zukunftsthemen stehen dabei im Mittelpunkt“, erklärt Christian Weissenburger, interimistischer Leiter der Sektion „Innovation und Technologie“ im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK). „Wichtig ist, dass nicht nur zukunftsweisende Technologien implementiert werden, sondern dass auch das Individuum auf diese Reise mitgenommen wird.“

Beispielsweise richtet sich „Digital Pioneers – Dein freiwilliges digitales Jahr“ speziell an junge Frauen: Das von der Plattform Industrie 4.0 und der Arbeiterkammer Vorarlberg ins Leben gerufene und vom AK DigiFonds finanzierte Projekt ermöglicht eine digitale Grundausbildung mit anschließender Praxiserfahrung und soll im kommenden Jahr starten. Auch Forschung ist gerade im betrieblichen Kontext ein wichtiges Standbein, um die Innovationsfähigkeit zu erhalten. Genau darauf zielt das bereits 2012 durch das BMK initiierte Programm Produktion der Zukunft ab, das die Kooperation zwischen Wirtschaft und Wissenschaft in der Sachgüterindustrie fördert.

Steirische Großprojekte im Zeichen der Digitalisierung

Die Steiermark setzt seit einigen Jahren konsequent darauf, die Chancen der Digitalisierung für Wirtschaft sowie Wissenschaft und Forschung zu nutzen. Auch in diesem Bereich wird eine steirische Stärke, die enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, forciert. So wird an der Technischen Universität Graz gerade der Cybersecurity Campus etabliert, der seit 2019 Forschung, Ausbildung, Prüfung und Zertifizierung im Bereich IT-Sicherheit bündelt und bis zu 400 neue Arbeitsplätze schaffen soll. Ebenfalls an der TU Graz entsteht das DATA HOUSE, das als Entwicklungszentrum für Datenanalyse und neue digitale Anwendungen, Forschungsinstitutionen, Hightech-Inkubator und KMUs aus dem Datenmanagement unter einem Dach vereinen soll.

Wirtschafts- und Forschungslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl: „Gerade im heurigen Jahr haben wir durch die Corona-Pandemie einen regelrechten Digitalisierungsschub erlebt. Zahlreiche Betriebe haben etwa in kurzer Zeit Online-Shops aufgebaut oder Telearbeitsplätze geschaffen. Ich bin davon überzeugt, dass viele Trends gekommen sind, um zu bleiben. So wird beispielsweise auch der Bereich der Künstlichen Intelligenz in den nächsten Jahren enorm an Fahrt aufnehmen. Es ist unser gemeinsames Ziel, diese Entwicklungen als Chance für die Steiermark zu sehen, die wir entsprechend nutzen wollen. Seitens des Wirtschaftsressorts unterstützen wir die digitale Transformation der heimischen Unternehmen mit Förderungs- und Finanzierungsinstrumenten. Wir müssen diese Themen noch stärker in die Breite bringen und auch kleinen und mittleren Unternehmen zugänglich machen. Dafür bietet der Austausch im Rahmen der Jahreskonferenz der Plattform Industrie 4.0 eine hervorragende Gelegenheit.“

Technologiekompetenz made in Carinthia

Mit dem speziellen „Industrie 4.0-Programm“ der BABEG Kärntner Betriebsansiedlungs- und Beteiligungsgesellschaft werden Projekte, die die digitale Reife der Kärntner Industrie ankurbeln, initiiert und gefördert. Überdies wurden mit Beteiligung der BABEG an der Joanneum Research Forschungsgesellschaft die Weichen für die ‚Forschungsachse Süd‘ gelegt und aufgrund dessen, weitere Maßnahmen im Bereich F&E gemeinsam mit der Steiermark wie z.B. Silicon Alps Cluster, Silicon Austria Labs oder Digital Innovation Hub Süd auf- bzw. ausgebaut. Beim 5G Playground Carinthia handelt es sich um das modernste 5G-Testlabor für Forschung und Entwicklung in Österreich. Es steht Unternehmen und Forschungseinrichtungen zur Verfügung, die unter optimalen Bedingungen Produkte und Anwendungen testen möchten. In der Coding School Wörthersee werden dringend benötigte junge Talente als Coder oder Developer in spezialisierten Intensivlehrgängen ausgebildet.

Kärntens Technologiereferentin LHStv.in Gaby Schaunig streicht die große Bedeutung von begleitender Kompetenzvermittlung hervor: „Wir sehen gerade jetzt in dieser Pandemie, dass der erfolgreiche Einsatz von Technologien auch davon abhängt, wie gut sie akzeptiert und verstanden werden. Nur auf technologischen Fortschritt zu setzen, ist zu wenig. Es müssen auch gesellschaftspolitische, emotionale und soziale Fragen bearbeitet werden. In diesem Zusammenhang begrüße ich sehr, dass wir uns in diesem Summit mit dem Thema ‚Responsible Artificial Intelligence‘ beschäftigen. Coding Bias ist ein relevantes Problem. Algorithmen sind nicht per se vorurteilsfrei, sie können bestehende Schieflagen abbilden und sogar noch verschärfen. Wir müssen sehr genau darauf achten, mit jedem Technologiesprung auch die entsprechenden Qualifikationsschritte zu setzen, transparent zu informieren und die Auswirkungen genau zu verfolgen.“

Investitionen in die digitale Zukunft

Die steirischen Industriebetriebe, die größtenteils international eng vernetzt sind, prägen die steirische Wirtschaft sehr stark. Diese internationale Vernetzung und Abhängigkeit birgt aber auch Schwächen, die vor allem in Verbindung mit dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie schonungslos zu Tage getreten sind. Viele heimische Arbeitsplätze sind von internationalen Aufträgen und Standortentscheidungen abhängig geworden. „Der Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen muss oberste Priorität haben“, sagt AK Steiermark-Präsident Josef Pesserl: „Aus meiner Sicht ist daher jetzt der richtige Zeitpunkt, für massive konjunkturbelebende Investitionen durch die öffentliche Hand. Dabei sollte natürlich auch der Umweltgedanke eine besondere Rolle spielen.“

Das Thema der Digitalisierung hat durch die COVID-19-Pandemie eine zusätzliche Bedeutung bekommen. Die AK Steiermark hat den AK Zukunftsfonds ins Leben gerufen. „Von der Digitalisierung sollten sowohl die Beschäftigten als auch die Unternehmer profitieren. Die AK fördert daher in den kommenden Jahren Initiativen und Ideen mit 21,5 Millionen Euro, die zum Gelingen der Digitalisierung aus Sicht der Beschäf­tigten beitragen“, erklärt Pesserl. In bisher zwei Runden wurden für 25 Projekte rund 1,8 Millionen Euro an Förderungen vergeben. Die dritte Runde startete im Herbst und es wurden bereits 29 Projekte eingereicht. Ebenso stellt die AK Steiermark für Telearbeitsplätze im Zuge der Corona-Hilfsmaßnahmen ein Budget von 2,6 Millionen Euro zur Verfügung.

Jobmotor Industrie

Die Industrie ist der Jobmotor Österreichs: Mehr als die Hälfte aller Arbeitsplätze – 2,6 Millionen – werden hierzulande dadurch gesichert. Der Beitrag der österreichischen Industrie zur Wertschöpfung des Landes liegt mit fast 190 Milliarden Euro bei 55 Prozent. Damit das auch in Zukunft so bleibt, muss die heimische Industrie die Chancen der digitalen Transformation – Industrie 4.0 – nutzen und diesen Strukturwandel proaktiv mitgestalten. Wesentlich dabei ist, Forschung, Entwicklung und Innovation weiter voranzutreiben, die Qualifikation – insbesondere im MINT-Bereich – zu stärken, österreichische Initiativen zu vernetzen und über die Plattform Industrie 4.0 aufeinander abzustimmen.

„Eines hat sich in den letzten Monaten deutlich gezeigt: an der Digitalisierung in allen Facetten kommt niemand mehr vorbei. Auch die Produktion profitiert vom verstärkten Einsatz smarter Lösungen: Fernwartung, Remote-Zugriffe auf Prozesse oder Big-Data-Lösungen, um Daten intelligent zu nutzen, sind hier nur einige Aspekte, um Industrie 4.0 in der Praxis voranzutreiben. Dabei spielt auch die weitere Qualifizierung der MitarbeiterInnen eine entscheidende Rolle. Gerade die Investitionsprämie mit einem Fokus auf Digitalisierung ist dabei, neben dem gesamten Corona-Hilfspaket, eine wichtige und wirkungsvolle Maßnahme. Das zeigt auch das hohe Interesse daran. Sie eröffnet Unternehmen aller Größen die Chance, sich in dieser herausfordernden Zeit weiterzuentwickeln, zu wachsen und bestenfalls neue Arbeitsplätze zu schaffen“, betont Stefan Rohringer, Vorstandssprecher für Forschung und Entwicklung der Industriellenvereinigung Steiermark.

Mit Teamgeist die Digitalisierung mitgestalten

„Seit 2015 haben wir eine schlagkräftige Mannschaft zusammengebracht, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Segel für Industrie 4.0 in Österreich zu setzen – nur vereint im Team können wir auf Kurs bleiben. Wir richten den Kompass auf die Arbeits- und Wirtschaftswelt der Zukunft und tragen mit gemeinsamen Anstrengungen zum Interessensausgleich aller im Prozess beteiligten Stakeholder bei“, ist Kurt Hofstädter, Vorstandsvorsitzender der Plattform Industrie 4.0 Österreich, stolz: „Die COVID-19-Pandemie hat uns allen seit März 2020 vor Augen geführt, welche Chancen sich durch die Digitalisierung bieten und gleichzeitig die Notwendigkeit gezeigt, noch rascher und noch umfangreicher Digitalisierungsprojekte zu implementieren. Auch wir als Plattform Industrie 4.0 haben die Schlagzahl weiter nach oben geschraubt. Dank der kompletten Umstellung auf virtuelle Formate konnten wir den Austausch zwischen unseren Mitgliedern weiter ankurbeln – das große Engagement bestätigt das hohe Vertrauen in unsere Vernetzungsarbeit.“

So wurde 2020 beispielsweise mit „Technology Insights“ ein neues Format geschaffen, das Zukunftstechnologien vor den Vorhang holt und anschaulich vermittelt. Ebenso wurde die 5G-Technologie verstärkt bearbeitet. Auch die Vernetzung mit internationalen Partnerplattformen wurde weiter vorangetrieben. Beim fünften Summit Industrie 4.0 erwartet die rund 600 angemeldeten Teilnehmenden – erstmals virtuell – ein noch breiteres Programm: Regionale, nationale und internationale Best Practices aus der Industrie 4.0 werden vorgestellt, VertreterInnen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und ArbeitnehmerInnenvertretung diskutieren zu Zukunftsthemen. Zwei fachspezifische Nebenbühnen beleuchten die Themenschwerpunkte Digitaler Zwilling und Security im IoT-Kontext. „Vieles ist beim Summit Industrie 4.0 bekannt, vieles neu – wir konnten erneut ein breites Programm der Extraklasse auf die Beine stellen, das für alle Technik- und Industrie-Interessierten etwas im Repertoire hat“, freut sich Hofstädter abschließend.

Harry Schiffer