Das 2. Transformationsforum der Plattform Industrie 4.0 widmete sich der Frage wie Security&Safety und die Triple Transformation aufeinander wirken. Helmut Leopold (AIT), Isabell Claus (Thinkers.ai) und Adrian Pinter (Siemens) analysierten die Herausforderungen der digitalen Transformation aus technologischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Perspektive.
Digitalisierung als gesellschaftliche Gestaltungsaufgabe
Beim 2. Transformationsforum diskutierten Helmut Leopold (AIT), Isabell Claus (Thinkers.ai) und Adrian Pinter (SIEMENS) die Herausforderungen und Chancen der digitalen Transformation. Sie zeigten dabei auf, dass Digitalisierung kein rein technisches Thema ist, sondern Prozesse, Machtverhältnisse und gesellschaftliche Dynamiken grundlegend verändert. Ihre Beiträge machten deutlich: Souveränität, Resilienz und verantwortungsvolle Gestaltung sind entscheidend, um die digitale Zukunft aktiv mitzugestalten.
Helmut Leopold (AIT): Digitalisierung als gesellschaftlicher Wandel
Helmut Leopold betonte, dass Digitalisierung nicht nur Technik betrifft, sondern Arbeitswelten, Wirtschaftsstrukturen und gesellschaftliche Machtverhältnisse umkrempelt. Ein zentrales Problem sei, dass viele Unternehmen Digitalisierung als reines IT-Thema missverstehen – etwa als Kauf von Software oder Hardware. Tatsächlich gehe es um tiefgreifende Veränderungen von Prozessen, Verantwortlichkeiten und Fähigkeiten.
Ein besonders brisantes Thema ist der Verlust traditioneller Berufsbilder durch KI. Leopold fragte provokant: „Wenn grundlegende Fähigkeiten durch KI ersetzt werden, wer bildet dann die Expert:innen von morgen aus?“ Gleichzeitig verändern sich Machtstrukturen: Wer Daten und Technologien kontrolliert, gewinnt Einfluss, während andere an Bedeutung verlieren. Dies führe zu Widerständen und Blockaden, die den digitalen Wandel hemmen.
Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der Krise der Wahrheit im digitalen Zeitalter. Das Internet, einst als „Befreiungstechnologie“ gefeiert, sei heute zur größten Desinformationsplattform geworden. Leopold warnte: „Wenn nichts mehr als wahr erkennbar ist, verliert das Internet seinen gesellschaftlichen Wert.“ Hybride Bedrohungen – also die Kombination aus Cyberangriffen, Desinformation und physischen Attacken – gefährdeten nicht nur Unternehmen, sondern ganze Demokratien.
Für Leopold ist Cybersicherheit eine Grundvoraussetzung für eine funktionierende digitale Gesellschaft. Er plädierte für „Security by Design“ – also Sicherheit, die von Anfang an in Systeme integriert wird – und für europäische Lösungen, um Datenhoheit zurückzugewinnen. Österreich sei mit Projekten wie dem Fake-Shop-Detektor oder Cyber-Sicherheitstrainings für kritische Infrastrukturen bereits Vorreiter. Doch die größte Herausforderung bleibe: „Nur wenige globale Plattformen kontrollieren 70–80% aller Daten. Wir dürfen nicht zulassen, dass wenige Akteure über die Zukunft entscheiden.“
Isabell Claus (Thinkers.ai): KI, Wirtschaftskraft und die Notwendigkeit von Leadership
Isabell Claus analysierte, wie Künstliche Intelligenz (KI) neue Geschäftsmodelle ermöglicht – und gleichzeitig fundamentale Veränderungen in Unternehmen und Gesellschaft erfordert. Sie verwies auf Beispiele, in denen Unternehmen innerhalb weniger Monate von einer Million auf 100 Millionen Euro Umsatz wachsen. Doch viele scheiterten an fehlender Vision, mangelnder KI-Kompetenz in Führungsetagen und starren Strukturen.
Claus betonte: „Wer KI nicht versteht, wird abgehängt.“ Entscheidend sei eine Kultur der Anpassungsfähigkeit, in der Menschen und KI-Systeme kollaborieren. Gleichzeitig sei Cybersicherheit kein reines IT-Thema, sondern ein Wirtschaftsfaktor. Hybride Bedrohungen und Desinformation seien gesellschaftliche Risiken, auf die 99% der Unternehmen nicht vorbereitet seien. Claus forderte mehr Awareness und Bildung – von Schulen bis zu Führungskräften – sowie europäische Souveränität: „Wir müssen Datenhoheit und technologische Unabhängigkeit zurückgewinnen, sonst verlieren wir nicht nur Märkte, sondern auch geopolitischen Einfluss.“
Adrian Pinter (Siemens): Industrielle Digitalisierung und die Dringlichkeit von Cybersicherheit
Auch Adrian Pinter machte deutlich, dass Cybersicherheit im industriellen Kontext keine Option, sondern eine Überlebensfrage ist. Moderne Produkte – von Autos bis zur Medizintechnik – seien heute „fahrende Computer“, deren Vernetzung und Komplexität neue Risiken schaffe. Pinter kritisierte: „Früher verstand ein Ingenieur noch sein ganzes System. Heute versteht es niemand mehr.“
Ein alarmierendes Beispiel: Cybercrime habe mit einem geschätzten Umsatz von über 10 Billionen Dollar (2028) die Wirtschaftskraft von Deutschland und Japan zusammen übertroffen. Dies zeigt, wie dringend industrielle Cybersicherheit sei.
Siemens setzt auf das „Industrial Metaverse“ – eine digitale Abbildung physischer Systeme, die durch KI, digitale Zwillinge und Echtzeitdaten Risiken minimiert. Wer sich aus den Weg in Richtung höherer Cyber-Security machen will, dem präsentierte Pinter einen Fünf-Phasen-Plan. Dieser umfasst zunächst eine Standortbestimmung (Wo stehe ich?), dann die Identifikation kritischer Assets (Was muss ich schützen?), die Umsetzung von Schutzmaßnahmen (z. B. Security by Design), die Gefahrenerkennung (durch KI-gestützte Monitoring-Tools), einen Plan für den Fall eines Angriffs und schließlich die Kontinuierliche Verbesserung („Cybersicherheit ist kein Projekt, sondern ein Prozess“).
Zusammenfassung: Drei Perspektiven – eine Botschaft
Die drei Vorträge zeigten: Digitalisierung ist kein Selbstläufer. Sie erfordert gesellschaftliche Debatten entlang der Fragen, wie wir leben und arbeiten wollen, strategische Weitsicht entlang der Frage, wie wir wirtschaftlich und technologisch souverän bleiben sowie konsequentes Handeln entlang der Frage, wie wir uns vor den Risiken der Vernetzung schützen.
Die gemeinsame Kernbotschaft der drei Vortragenden lautet:
- Sicherheit und Souveränität sind keine Option, sondern eine Pflicht.
- Bildung, Zusammenarbeit und Innovation müssen Hand in Hand gehen.
- „Weiter so“ ist keine Strategie – wer heute nicht investiert, zahlt morgen den Preis.
Anmerkung: Die Informationsverarbeitung (Transkription, Zusammenfassung) erfolgte unter Einsatz von KI. Die finale Fassung wurde manuell überprüft und redaktionell überarbeitet.
Die Veranstaltung wurde aus Mitteln der Interreg-Projektes Twin City Future Innovation Manufacturing Hub finanziert.
