Wie man von Forschung profitieren kann

Im Jahr 2020 investierte Österreich 3,2% seines Bruttoinlandsproduktes in Forschung und Entwicklung. Damit hat Österreich innerhalb der EU nach Schweden und Belgien (jeweils 3,5% des BIP) die dritthöchste Forschungsquote. Diese finanziellen Investitionen ermöglichen die Arbeit zahlreicher österreichischer WissenschaftlerInnen.

In der Wissenschaft spielen Forschungsprojekte eine wichtige Rolle. Im Rahmen von Förderprogrammen können ForscherInnen Projekte einreichen, die sie gerne umsetzen möchten. Für die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Industrie sind z.B. „Produktion der Zukunft“ oder „IKT der Zukunft“ relevante Förderprogramme. Auch in den österreichischen Bundesländern gibt es verschiedene Förderinitiativen – eine Übersicht findet sich z.B. in den Bundesländer-Steckbriefen.

Forschungsprojekte sind nicht nur für die beteiligten WissenschafterInnen, Unternehmen und Kooperationspartner interessant. Häufig führen sie zu Erkenntnissen, die auch für eine breitere Öffentlichkeit hilfreich sein können. Mit dem Format der „Research Insights“ setzt die Plattform Industrie 4.0 hier an. In einem Research Insight können Projektverantwortliche ihre Ergebnisse und Erfahrungen den Mitgliedern der Plattform vorstellen und diesen zeigen, wie auch sie von den durchgeführten Forschungsprojekten profitieren können.

Im ersten Research Insight wurde das Projekt COGNITUS vorgestellt.

Das COGNITUS-Projekt: Deep Learning gegen Ausfälle

Die Wartung von Maschinen und Anlagen ist ein zentrales Thema und ein großer Kostenfaktor in der Produktion. Das Ziel des Projekts COGNITUS ist daher die Reduktion der Wartungskosten für produzierende Unternehmen. Mit Hilfe von Sensordaten und unter Einsatz von Deep Learning sollen Ausfälle besser vorhergesagt werden. Die praktische Relevanz der erarbeiteten Lösungen wird im Projekt an zwei konkreten Anwendungsfällen (Logistik und Produktion) erprobt.

COGNITUS wird vom AIT Austrian Institute of Technology gemeinsam mit Fraunhofer Austria, LineMetrics, Spar und Swarovski umgesetzt. Das Projekt startete im Oktober 2019, die Umsetzung dauert noch bis September 2022 an.

Anwendungsfall: Defekte Paletten im Lager erkennen

Spar ist mit mehr als 50.000 MitarbeiterInnen und über 1.600 Supermärkten wohl eines der bekanntesten österreichischen Unternehmen. Logistik und Lagerhaltung sind für Spar wesentliche Themen. Die Lagerung von Waren erfolgt bei Spar häufig mit der Hilfe von Hochregallagern. Die Bausteine für solche Lager sind dabei klassische Holz-Paletten. Für den effizienten Betrieb eines Hochregallagers ist es daher wichtig, dass die Paletten auch qualitativ in Ordnung und nicht defekt sind.

Im Rahmen des COGNITUS-Projekts wurden mit Hilfe einer explorativen Datenanalyse zuerst die häufigsten Ursachen und Zeitpunkte für fehlerhafte Paletten analysiert. Nachdem herausgefunden werden konnte, dass die meisten Probleme bei der Einlagerung von Waren auftreten, wurden am Förderband für die Einlagerung Kameras angebracht. Diese überprüfen nun aus verschiedenen Perspektiven, ob eine Palette intakt oder defekt ist. Die Bilder fehlerhafter Paletten werden aktuell mit Hilfe von Machine Learning unterschiedlichen Clustern zugeordnet.

Durch das Clustering und die verschiedene Fehlergruppen sollen MitarbeiterInnen anschließend festlegen können, welche Regeln das System befolgen soll. Im 2. und 3. Quartal 2022 wird die entwickelte Lösung (inklusive Dashboard für MitarbeiterInnen) im Praxistest evaluiert und ihre Effektivität mit dem Status Quo abgeglichen.

Anwendungsfall: Zeit sparen beim Reinigen einer Beschichtungskammer

Der aus Kristallglas bestehende Schmuck des Tiroler Unternehmens Swarovski ist bekannt für seinen Glanz. Dieser entsteht durch einen komplexen Herstellungsprozess, bei dem das Glas u.a. eine spezielle Beschichtung erhält. Für die Sicherstellung einer hohen Produktqualität müssen die Räumlichkeiten für die Beschichtung immer wieder gereinigt werden. Die Häufigkeit der Reinigung der Räumlichkeiten bestimmt auch maßgeblich die Produktionskosten.

Das COGNITUS-Projekt setzt hier an und möchte den Zeitpunkt der Reinigung optimieren. Dafür wurden in einem ersten Schritt Ziel-Parameter ausgewählt. Diese werden gemessen und über ein Dashboard für MitarbeiterInnen ohne IT-Knowhow zugänglich gemacht. Das Dashboard ermöglicht weiters die Eingabe von Anforderungen für die nächsten Produktlinien. Durch den Abgleich des derzeitigen Zustandes der Beschichtungskammer mit dem benötigten Zustand für die nächste Produktlinie wird die Ableitung eines verbesserten Reinigungszeitpunktes möglich.

Derzeit wird im Projekt noch an der Berechnung des Reinigungszeitpunktes mit Hilfe der bereits erstellten Software gearbeitet. Bis zum Abschluss des COGNITUS-Projekts sind außerdem Anpassungen an der grafischen Nutzeroberfläche sowie die Ermöglichung weiterer Analysen durch die Auswertung der Daten geplant.

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Die Möglichkeiten durch Deep Learning kurz erklärt

Das COGNITUS-Projekt zeigt mögliche Anwendungsfälle von Deep Learning in der produzierenden Praxis. Für die beteiligten ForscherInnen und Unternehmen sind die bisher gewonnen Erkenntnisse bereits interessant und verwertbar. Bis Ende 2022 werden weitere Erfahrungen dazukommen. Wer sich dazu informieren möchte, kann sich mit dem Projektteam in Verbindung setzen.

Research Insights der Plattform Industrie 4.0

Wir bedanken uns bei Bernhard Haslhofer, Denis Katic und Clemens Heistracher (AIT), Jakob Giner (Fraunhofer Austria), Franz Zagler (SPAR) und bei Ernst Altenberger (SWAROVSKI) für die interessanten Inputs! Die Veranstaltungen der Plattform Industrie 4.0 sind für alle Mitglieder der Plattform zugänglich. Sollte Ihr Unternehmen Mitglied, Sie aber nicht auf unseren Verteilern sein, melden Sie sich bitte bei michael.fellner@plattformindustrie40.at. Sollten Sie noch kein Mitglied sein, freuen wir uns ebenfalls über Ihre Kontaktaufnahme.

Wenn Sie ein Forschungsprojekt kennen oder an einem Projekt arbeiten, das sich für ein Research Insight eignen könnte, kontaktieren Sie uns gerne jederzeit!


Foto von Hans-Peter Gauster auf Unsplash

Michael Fellner