DIVE Oberösterreich – Data Sharing

Der firmenübergreifende Datenaustausch („Data Sharing“) mit Kund:innen und Lieferant:innen gilt als entscheidender Schritt für die digitale Produktion. Er bildet die Grundlage für Effizienzsteigerungen und neue Geschäftsmodelle in komplexen Wertschöpfungsnetzwerken. Dieser Austausch von Informationen ermöglicht es Unternehmen, ihre Produkte und Prozesse zu optimieren und ihre Leistungsfähigkeit zu steigern, indem sie auf Echtzeitdaten zugreifen und diese effizient und strategisch  nutzen können.

PRAXISORIENTIERTE ANGEBOTE UND FÖRDERUNGEN IN OBERÖSTERREICH

In Anschluss an die Begrüßung durch Dr. Martin Bergsmann (Technologiesprecher der sparte.industrie der WKOÖ) und Dipl.-Ing. Alois Wiesinger (CTO Fill GmbH) bot Roland Sommer (Plattform Industrie 4.0) einen Überblick über aktuelle, praxisrelevante Förderprogramme und Angebote (in ganz Österreich) im Bereich Industrie 4.0, Digitalisierung und Kreislaufwirtschaft. Neben Förderprogrammen der FFG, aws sowie der Wirtschaftskammer und Bundesländer-spezifischen Angeboten, sind über ganz Österreich verteilte (European) Digital Innovation Hubs, COMET-Zentren und Pilotfabriken wichtige Anlaufstellen. Details finden Sie auf der DIVE-Website.

INTELLIGENTE VERNETZUNG: VERTIKALES DATASHARING IM MASCHINENBAU

Stefan Murauer (Teamleiter Softwareentwicklung) eröffnete den Themenschwerpunkt Datenaustausch, indem er Aktivitäten der Firma FILL vorstellte. Zu den Beweggründen sich im Unternehmen aktiv mit dem Thema auseinanderzusetzen zählen die Unterstützung bei regulatorischen Vorgaben (Digitaler Produktpass, Nachhaltigkeitsbericht etc.), die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle sowie die Verbesserung bestehender Produkte und Prozesse. Zunächst beschrieb er letzteres anhand eines Anwendungsfalls: Das von FILL entwickelte Bearbeitungszentrum „SYNCROMILL“ ist eine komplexe Maschine, unter anderem bestehend aus Komponenten unterschiedlichster Zulieferer. Viele davon sind heutzutage in der Lage mithilfe von Auswerteeinheiten den Status ihrer Subkomponente zu analysieren. Um den Gesamtzustand der Maschine richtig zu analysieren, bedarf es jedoch einer übergeordneten Auswertung, welche eine Aggregation aller Subkomponenten und deren Zustände durchführt. Dies wird über ein separates Edge Device realisiert, wobei die Sensor- und Maschinendaten der „SYNCROMILL“ automatisiert ausgewertet und in eine Cloud übertragen werden.

Zukünftig sollen die proprietären Daten- Protokolle – welche Hersteller, Kunden und Zulieferer bislang bei sich behalten – in einem Datenökosystem ausgetauscht werden. Im Rahmen des EU-Projektes „SM4RTENANCE“ werden dazu die technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen für einen produktiven Einsatz geschaffen.

Aus dem Anwendungsfall für Datenaustausch ließen sich neben Verbesserungspotenzialen des Produkts auch neue Geschäftsmodelle ableiten. Eine automatisierte Anlagendurchsicht könnte automatische Auswertungen und Berichte anhand von „Machine Performance Indicators (MPIs)“ ermöglichen und Störungsbehebung & Ursachenfindung könnten damit in Verbindung angeboten werden.

MEHRWERTMÖGLICHKEITEN MIT DIGITALEN DIENSTEN

Roman Rampsel von der Linz Center of Mechatronics GmbH (LCM) setzte inhaltlich mit der Verknüpfung des Datenaustausches entlang der Wertschöpfungskette mit Anwendungen für digitale Dienste und dessen Mehrwertmöglichkeiten fort. Unter digitalen Diensten versteht man über das Internet bereitgestellte Anwendungen und Services, die eine Vielzahl an Tools und Plattformen umfassen (z.B. Marktplätze, Wetterdienste, digitales Amt etc.). So kann zum Beispiel ein digitales Abbild eines Produktes über einen digitalen Dienst bereitgestellt werden. Dies ermöglicht es Konsumenten, Angebote verschiedener Hersteller in der Suchmaschine zu finden und aufgrund von Angaben unterschiedlicher Parameter (Werkstoffe, Fertigungsmöglichkeiten, Preis etc.) zu vergleichen. Um darüber hinaus ein umfangreiches Bild der Produkteigenschaften zu zeichnen, sind Informationen aus der Wertschöpfungskette notwendig. Somit kommt den Produktzulieferern (einzelner Komponenten) eine wichtige Rolle bei der Bereitstellung von Daten zu, welche kombiniert und für Berechnungen genutzt werden können: Zum Beispiel ermöglicht Datenaustausch die Bereitstellung des CO2-Bilanz-Ergebnisses für individuelle Produktkonfigurationen. Die Kombination solcher und komplexerer Anwendungen kann etwa über die von LCM entwickelte Softwareplattform „SyMSpace“ durchgeführt werden. Weiterer Mehrwert kann im Austausch von Daten durch das Zusammenspiel mehrerer Unternehmen (vertikal und horizontal in der Wertschöpfungskette) entstehen, um komplexe Zusammenhänge durch die Verknüpfung über digitale Dienste abzubilden:  Zum Beispiel könnte ein Auftrag zur automatischen Erstellung eines Produktes nach bestimmten Rahmenbedingungen, CO2-Fußabdruck-Vorgaben und gewichteten Optimierungskriterien für spezifische Kundenanfragen ermöglicht werden. Vor dem Hintergrund der Ökodesign-Richtlinie und der voraussichtlich mit 2027 zu erwartenden Verordnung inklusive Vorgaben zum digitalen Produktpass, bedarf es eines erheblichen Austauschs an Daten zwischen Unternehmen, welcher auch bereits im Designprozess Einfluss finden muss. Die Transformation besteht unter anderem im Aufbau von Kompetenzen im firmenübergreifenden Produktdesign, welche die Digitalisierung von Prozessen und die Einbindung von Unternehmenspartnern sowie Lieferanten bereits in die Entwicklungsphase erfordert. Die LCM unterstützt Unternehmen u.a. im Rahmen von AI5Production bei dieser Transformation.

CATENA-X: DATENAUSTAUSCH IM AUTOMOBILSEKTOR

Roland Wiesmüller und Nina Popanton von T-Systems beleuchteten das Thema Datenaustausch mit Fokus auf das richtungsweisende Datenökosystem der Automobilindustrie: „Catena-X“. Bereits über 170 Automotive-Unternehmen sind Teil des seit 2021 von deutschen Automobilherstellern ausgehenden Datenraums. T-Systems war als Teil des Projekt-Konsortiums maßgeblich in die technologische Entwicklung eingebunden und bietet daher nun Services an, um die Dateninfrastrukturen von Zulieferern bis hin zu Recycling-Unternehmen zu verbinden.  Beim Teilen von Daten lassen sich unterschiedliche Ansätze voneinander unterschieden: Der herkömmliche bilaterale Datenaustausch („One to One“ z.B. EDI – Electronic Data Interchange), Datenaustausch in einer geschlossenen Community („Few to Few“ z.B. skywise) und das offene, kollaborative Daten-Ökosystem („Many to Many“ z.B. Catena-X). Dadurch können Datenanbieter und -nutzer, die gemeinsamen Access und Usage Policies zustimmen, über sog. „Connectors“ im Datenraum miteinander interagieren. Nur verifizierte Teilnehmer dürfen ihre Daten auf dem „Marktplatz“ austauschen und darauf aufbauende Applikationen nutzen. Datenaustausch kann unterschiedlichen Anwendungsfällen dienen: Neue Regulatorien erfordern den Austausch von Daten (z.B. Verfügbarkeit des Product Carbon Footprint, Lieferkettengesetz;  auch KMU sind Teil mehrerer Wertschöpfungsketten und müssen daher berichten) bei gleichzeitiger Datensicherheit und Souveränität (vgl. Data Act), Nachhaltigkeits- bzw. ESG-ziele können besser verfolgt werden (Vergleichbarkeit der Berechnungsstandards, Kreislaufwirtschaft) und Innovationen können im Unternehmen durch strategische Daten-Nutzung ermöglicht werden – von Kostenreduktion (IT-Schnittstellen konsolidieren, Dienste gemeinsam nutzen, Geschwindigkeit & Effizienz) bis hin zu Daten-getriebenen Geschäftsmodellen. So ergeben sich durch den Datenaustausch entlang der gesamten Wertschöpfungskette in Catena-X Use-Cases für die Automobilindustrie, welche auch für andere Industrien in ähnlicher Weise nützlich sein können. Interne Use-Cases betreffen u.a. die Entwicklung eines datengesteuerten Produktions- und Lieferkettenmanagements (z.B. Produktportal, Produktionsplanung, Lageroptimierung, Qualitäts- & Ursachenanalyse, Maßnahmen zur Erhöhung der Produktqualität, Prädiktive Wartung, Transparenz der Produkt- und Prozessabläufe, Datenintegration über den gesamten Produktlebenszyklus, widerstandsfähigere Lieferketten durch Vorhersage und Alarmierung). Durch Catena-X wurden Standards (z.B. Kompatibilität von technischen Standards und Datenmodellen) festgelegt und Lücken geschlossen, um einen sicheren (z.B. durch bestätigte Identitäten „eIDAS-konform“, Verifizierung etc.) und souveränen Datenaustausch zu ermöglichen, was auch anderen Sektoren als Vorbild dient. Neben Catena-X bestehen und entstehen weitere sektorspezifische und -übergreifende Data Spaces wie beispielsweise der „Austrian Manufacturing Innovation Data Space“ für die Vernetzung produzierender Unternehmen oder in Deutschland die 2024 ins Leben gerufenen Datenräume Manufacturing-X (die Plattform Industrie 4.0 ist Teil des Manufacturing-X Council) oder Aerospace-X.

Im Rahmen der Mittelstandsinitiative DIVE „Digitale Industrie Verständlich Erklärt“ werden regelmäßig in ganz Österreich regionale Veranstaltungen zu ausgewählten Digitalisierungsthemen angeboten, bei denen Austausch und Diskussion mit Expert:innen aus Wissenschaft und Industrie im Vordergrund stehen. Neben thematischen Einblicken, wird ein Überblick über Förderungen, Trainings und praxisorientierte Angebote u.Ä. in Österreich vermittelt. Der Auftakt der DIVE-Eventreihe 2024 fand am 15. April in Niederösterreich an der FH St. Pölten statt und beleuchtete den digitalen Produktpass. Die zweite Veranstaltung folgte nun in Oberösterreich und fand im „FutureDome“ bei der Firma FILL in Gurten statt.  Das Event wurde in Kooperation mit der Wirtschaftskammer Oberösterreich (Sparte Industrie) und der Industriellenvereinigung Oberösterreich organisiert und durch AI5-Production unterstützt.

PRÄSENTATIONEN ZUM DOWNLOAD:

NÜTZLICHE INFORMATIONEN ZUM DATENAUSTAUSCH:

Zum Mitmachen:

  • Check-Ins des Gaia-X Hub Austria: Regelmäßiger Austausch von Informationen → Kostenlose Anmeldung HIER oder bei: fälbl@plattformindustrie40.at
  • Zusammenfassung der Check-Ins: Auf der Website der Plattform Industrie 4.0 werden unter „Aktuelles“ laufend Zusammenfassungen veröffentlicht. -> Hier gelangen Sie zum Check-In.

Weitere nützliche Links finden Sie in den Präsentationen.

Ansprechpersonen:

Plattform Industrie 4.0:

WKOÖ:

FILL:

Linz Center od Mechatronics:

T-Systems: