Warum 5G auch für die Industrie ein interessantes Thema ist wurde in einem Workshop der Plattform Industrie 4.0 im Oktober 2020 umfassend besprochen. Es stellte sich die Anschlussfrage: Wie wird 5G genau eingesetzt und welchen Nutzen kann die Technologie in der Praxis bereits stiften?
Dieses Thema wurde nun in einem Use Case Nachmittag zu 5G aufgegriffen und anhand verschiedener Praxisbeispiele diskutiert. In fünf Vorträgen wurden der Stand der Forschung sowie der Einsatz von 5G in der industriellen Praxis und bei einem Startup vorgestellt.
Forschung mit sehenden Robotern
Am 5G-Playground in Klagenfurt forscht Bernhard Dieber vom Institut für Robotik und Mechatronik von Joanneum Research. In seinem Vortrag erklärte Hr. Dieber die Einsatzmöglichkeiten von 5G mit Hilfe industrieller Hardware im Bereich der Robotik.
Der Einsatz von OctoMaps befähigt die Roboter, ihre Umgebung „live“ zu scannen. So sollen diese z.B. erkennen, wenn ein Mensch in ihrer Nähe ist – was sicherheitstechnische Vorteile für den Einsatz von Robotern in der Industrie bringen kann. In diesem Anwendungsfall ermöglicht die hohe Bandbreite von 5G die Verarbeitung großer Mengen an Sensordaten, was am Roboter selbst sonst nur sehr eingeschränkt möglich ist.
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Unterschiedliche Branchen und Eigenschaften von 5G
Als Geschäftsführer von Ericsson Österreich verfügt Alexander Sysoev über einen sehr guten Überblick zu den Einsatzmöglichkeiten von 5G in der Industrie. In seinem Input ging er daher zuerst auf die verschiedenen Bereiche ein, in denen 5G eine Rolle spielen kann:
Wenn viele Devices im Einsatz sind („Massive IoT“), wenn hohe Bandbreiten benötigt werden („Broadband IoT“), wenn Verlässlichkeit im Zentrum steht („Critical IoT“) oder wenn industrielle Anwendungen wie z.B. die kollaborative Robotik kabellos ermöglicht werden sollen, dann kann 5G eine passende Technologie für die Produktion sein.
Anschließend beschrieb Hr. Sysoev konkrete Anwendungsfälle aus der Automobilindustrie, dem Maschinenbau und aus dem Bereich der Logistik. Eine wichtige Botschaft in diesem Zusammenhang: Es gibt vielfältige Anwendungsfälle und Vorteile von 5G – entscheidend ist in jedem Fall, die Prozesse der Branche zu kennen und zu wissen, was digitalisiert werden soll.
5G am Hafen und als co-kreativer Prozess
Viel Praxiserfahrung in der Umsetzung von Campus- und Fertigungslösungen gibt es auch bei Hutchison („Drei“). In Europa setzt das internationale Entwicklungszentrum CKHIOD laufend Projekte zum Einsatz von 5G in der Industrie um. Christopher Stranzl (Drei Österreich) und Graham Wilde (CKHIOD) gingen in ihrem Input näher darauf ein.
So ermöglicht der Einsatz von 5G z.B. beim Hafen von Felixstowe in Großbritannien eine stabile Internetverbindung in abgelegenen Arealen und unter Deck. Ferngesteuerte Fahrzeuge und das Monitoring der Hafenaktivitäten in Echtzeit sind Use Cases, an denen man aktuell arbeitet.
Neben konkreten Use Cases standen auch die Lessons Learned zum Einsatz vom 5G im Mittelpunkt des Vortrages. Eine davon: Wenn 5G in der Industrie eingesetzt werden soll, dann ist ein co-kreativer Prozess zentral. Hersteller, Kunde, Komponenten-Produzent – alle haben einen Teil des benötigten Wissens und man muss mit allen reden, um zu wissen, wie das System performen muss, um Use Cases sinnvoll umzusetzen.
Auch in Österreich arbeitet Drei an der Entwicklung konkreter Use Cases. Drei ist z.B. Technologiepartner des 5G-Netzes der Pilotfabrik der TU Wien in Aspern.
Autonome Roboter auf neuen Wegen
Am Standort Schwabmünchen betreibt das zu ams gehörende Unternehmen Osram ein 5G Campus Netzwerk, an dem bereits unterschiedliche Use Cases erprobt werden. Im gemeinsamen Input von Ralf Zajewski (Osram) und Roland Wiesmüller (T-Systems) wurden die Eckpunkte und Erfahrungen aus der Zusammenarbeit beschrieben.
Um Innovationen in der Produktion zu ermöglichen, wurde am Osram-Standort Schwabmünchen unter Einbeziehung von 5G und in Kooperation mit T-Systems ein umfassenden Retrofitting durchgeführt: Indoor-Antennen wurden angebracht, Lade-Stationen installiert, die Produktion mit moderner Sensorik ausgestattet. Seitdem arbeitet man an der Umsetzung von 5G Use Cases.
Zuerst wurden „Autonomous Guided Vehicles“ (AGVs) angeschafft, welche den autonomen Transport von Spulen von A nach B ermöglichen. Anschließend realisierten die beiden Unternehmen auch den stockwerkübergreifenden Transport von Stäben aus der Hämmerei über die CNC Dreherei in den Versand – unter Einbeziehung eines Industrieaufzugs aus den 60er Jahren und in Zusammenarbeit mit den MitarbeiterInnen vor Ort. Wichtig für die schrittweise Umsetzung solcher Prozessinnovationen sind die funktionierende, langfristige Partnerschaft zwischen den beiden Unternehmen und ein moderner, co-kreativer Umsetzungsprozess.
Industrielle Use Cases ermöglicht T-Systems in Österreich außerdem zusammen mit der Smart Factory der Technischen Universität Graz (smartfactory@tugraz).
XR Streaming für die schnellere Entwicklung von Prototypen
Einen anderen Zugang zu 5G verfolgt das Tiroler Startup Holo-Light, das sich mit dem Thema XR Streaming beschäftigt. Luis Bollinger stellte das Unternehmen und dessen Aktivitäten im produzierenden Bereich vor.
In der Produktion wird Augemented/Virtual Reality (AR/VR) heute bereits eingesetzt. Die Anwendungsmöglichkeiten von AR/VR-Devices werden aber häufig durch die begrenzte Rechenleistung mobiler Endgeräte eingeschränkt. Mit Hilfe des Streamings von Applikationen durch einen leistungsfähigen Server hin zum Edge Device will Holo-Light dieses Problem lösen. Hierfür bietet das Unternehmen Ingenieuren und Designern ein Software Development Kit an, das AR/VR-Devices für den industriellen Einsatz optimieren kann. Dadurch kann sich z.B. die Design-Phase für Prototypen in der Automobil-Industrie stark verkürzen.
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Holo-Light Anwendung zusammen mit BMW
Wir bedanken uns bei allen Vortragenden und bei allen TeilnehmerInnen am 9. Use Case Nachmittag! Die Use Case Nachmittage sind ein Format der ExpertInnengruppe Neue Geschäftsmodelle. Das Format ist für alle Mitglieder der Plattform Industrie 4.0 zugänglich. Sollte Ihr Unternehmen Mitglied, aber nicht auf dem Verteiler der ExpertInnengruppe Neue Geschäftsmodelle sein, melden Sie sich gerne bei michael.fellner@plattformindustrie40.at.
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Beitragsbild von Mihail Abramkin auf Unsplash